Philosophie und Markt

Was den Bäcker und den Künstler... 

Was den Bäcker und den Künstler...

"Einen Bildhauer zu fragen, ob er denn seine Kunst wirklich hergebe, ist ähnlich absurd, einen Bäcker zu fragen, ob er denn seine Brötchen auch wirklich verkaufe.
Was den Künstler nun allerdings vom Bäcker unterscheidet, ist, dass die Produkte des Ersteren leider nicht für ein Butterbrot zu haben sind. Das liegt an den Produktionsbedingungen, die den Künstler als Büttel der Reichen erscheinen lassen und noch einigen anderen, das den Rahmen dieser Zeichnung sprengen würde, wie man so schön sagt.)
Was den Bäcker und den Künstler allerdings wiederum verbindet – meiner Meinung nach – ist, dass der Mensch ohne Kunst ebenso wenig leben kann wie ohne Brot."

Friedhelm Welge


Gedanken

März 2016

15. März 2016
If you want to steal, steal from the best. Ein Zitat aus einer Biographie über Vivant Denon, den glücklichen Kunsträuber in den Diensten Napoleons und – folgerichtig – der erste Direktor des Louvre. Ein Kunstenaar, wie man in diesen Tagen auf der Art Maastrich sagen würde. Von Artemisia Genteleschi wurde dort für nur 650.000 Euro eine Miniversion (24x31cm) ihres Gemäldes „Judith enthauptet Holofernes“ angeboten. Das passt zu den derzeitigen Bemühungen des Kunstmarktes, Kunst von Frauen in den Focus zu rücken. Da sind noch 1000 Prozent Wertsteigerung drin, denn bisher sind unter den 200 teuersten Künstlern der Welt nur 5 Frauen. -
Eine Katharina aus dem 14. Jahrhundert vermutlich von Matteo Giovanetti spielte jetzt bei einer Auktion 2,7 Mill. ein. Unvergleichlich eindrücklich ist eine Katharina von Welge, die ab Mitte April im Dom zu Würzburg zu sehen ist.

14. März 2016
Ein vermeintlich besonders schlauer Kunsttheoretiker versucht die hypende Allianz von viel Geld und Kunst und Händlern zu erklären: „Siegeskunst ist Kunst von Siegern für Sieger“.Da gehe es mysteriös zu. Der Künstler müsse nach außen natürlich autonom und nur seiner Kunst verpflichtet sein (insgeheim ist er Marketingspezialist). Im Hintergrund müsse der Kunstmarkt das Netz aus Kritikern, Galeristen, Museumsleuten und Theoretikern knüpfen. (Also alles wie gewohnt.) So kann man einvernehmlich Wertsteigerungen gestalten, damit Leute mit richtig viel Geld es richtig geil finden, richtig viel Geld für Kunst auszugeben, die sie zwar nicht mögen oder verstehen, aber letztlich doch lieben würden, wenns beim Zahlen fast etwas weh tut. (Der Anlageberater hat erklärt, warum das so sein muss.)
Richtigen Kunst-Sammlern kann ich nur raten, kaufen Sie einen echten Welge nur, wenn Sie ein Werk wollen und lieben. Und nehmen Sie in Kauf, dass es erschwinglich ist. (Kann aber sein, dass es nicht so bleibt.)


Februar 2016

21.Februar 2016
Ein slowenischer Abgeordneter im EU-Parlament meinte, die EU sei keine Solidargemeinschaft, sondern eine Vertragsgemeinschaft. Wir müssen diesem Mann dankbar sein, sagt er uns doch worum es geht: SOLIDARITÄT oder TTiP. Herr Cameron aus dem englischen Moechtegerngrossreich führt uns am Nasenring durch die EU. Nimmt gerne die Knete der EU, aber was geben möchte er doch lieber nicht. Damit unterscheidet er sich scheinbar nicht von Schreiber Bartleby. Falsch, denn jener war bereit, für ein anspruchsloses Geduldetwerden den Dienst des Schreibers zu tauschen.
Auch ich tausche gern. Einen sehr schönen Deal hatte ich mal mit einer Gastwirtin in Frankfurt, der ich eine Skulptur für ihren Eingang gemacht hatte : Einen Großteil des Preises habe ich in ihrer Gaststätte in Form von Speis' und Trank erhalten. Wenn demnächst immer öfter die Netze ausfallen und es kein Bargeld mehr gibt, werden wir wieder die Segnungen des Tauschhandels schätzen lernen.


Dezember 2015

4.12.2015
seit wir bei der verteidigung am hindukusch
eine niederlage erlitten haben
(oder war das schon beim wilhelminischen massaker
im kolonialen schwarzwestafrika ?)
erinnert sich kaum einer noch
dass tugenden wie barmherzigkeit, bescheidenheit,
friedfertigkeit, naechstenliebe und so weiter
gar keine christlichen waren
und keinesfalls und keineswegs
attribute der reichen und maechtigen sind
DENNOCH: wir sind libanon, mali, israel, palaestina und auch frankreich, ja welt

(HEUTE 4.12.15 STIMMTE DER BUNDESTAG mit regierungsmehrheit dafuer, FRANKREICH IN SEINEM KRIEG ZU UNTERSTUETZEN) Ueberall hoert man WIR SIND IM KRIEG. ich bin nicht im krieg. MAN LIEST UND HOERT, DIE WELTGEMEINSCHAFT WOLLE DEN ich nenne sie nicht DIE GELDKANAELE AUS KUNST&OEL ABGRABEN. man liest auch, saudiarabiensolleindievertrauenswuerdigenlaenderhochgestuftwerden.GbÄoRcTkNER.


November 2015

9.11.15
Im Museum Darmstadt sind noch bis Sonntag die ältesten Hominidenschädel der Welt zu sehen. Afrika, Neandertal, Australien... (im Original !) vereint hinter Panzerglas. Die Menschheit kommt aus Afrika. Viele haben das aber noch nicht verstanden.

 

Panem et circenses

Ein kommunaler Wind geht durch den Blätterwald. Man reibt sich die Augen: Rufmord oder Eiserner Besen ? Nach den Spielen ist vor den Spielen.
Tolle Inszenierung des Stadtparlaments. Inklusive Aussicht auf Königsmord im nächsten Akt. Posse oder Drama? Jedermann darf mal. Oder wird gerade gespielt „Und bin nicht klüger als zuvor“ ? Oder ist das schon das Casting für die Hexenjagd?
Ich empfehle den Stadtparlamentariern den Besuch meiner Ausstellung in der Bad Hersfelder Galerie im Stift, um sich dort unter anderen meine Skulptur Sprengstoff anzusehen, die sich mit einer anderen – allerdings dramatischereren Form von Kulturbeschädigung auseinandersetzt. Das Werk eignet sich zu komplexen Diskussionen. Unterschiedlichste Gruppierungen könnten sich rundum zu unterschiedlichsten Assoziationskettenreaktionen treffen: Schlag oder Gegenschlag, Schwur und Verschwörung, Verbündelung und Verbrüderung und nicht zuletzt zum Zerschneiden des Tischtuchs oder zur Versöhnung; der verbohrten und konstruktiven Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt... (noch bis zum kommenden Sonntag)

Friedhelm Welge,
Bildhauer, Poet, Händler mit geistigen Sprengstoffen


September 2015

Die chinesische Regierung verordnet ihren Künstlern, es sei heilige Pflicht des Kulturschaffenden zur Stärkung chinesischer Werte beizutragen. Nach dem Auftritt Ai Weiwei`s mit Liao Yiwu in der Berliner Philhormonie, rätseln wir alle darüber, ob Ai Weiwei diesen Auftrag angenommen hat und dafür wieder reisen darf, oder ob er vielleicht überschätzt wird oder ob er vielleicht misshandelt wurde, indem er von den westlichen Medien zu viele Küsse auf die Dissidentenwange bekommen hat.
Ich denke mir, in einer wirklich sozialistischen Gesellschaft könnte es sogar interessant sein, die Annahme eines solchen Auftrags zu erwägen. Ich lebe aber nicht in einer sozialistischen Gesellschaft, aber immerhin in einem der freiesten Länder der Welt. Also mache ich weiter wie seit vielen Jahren: erlege mir auf, das zu machen, was ich machen muss.

Nachricht aus dem Realkapitalismus: Der (noch nicht rechtskräftig) verurteilte Kunsthändler Achenbach aus Düsseldorf muss mehrere Millionen Euro Schadensersatz an seine zahlungskräftigen Kunden, die er ordentlich über den Tisch gezogen hat, zahlen. Nun könnte man feixen, die wollten das nicht anders oder hätten es nicht anders verdient. Oder man könnte brummeln, dass beim Hobeln Späne fallen und ja jeder wisse, dass bei grossen Geldern die Moral zum leisen Furz wird und die grössten Meckerer ja nur die grössten Neider sind. Was mich angeht: Natürlich verkauft ein Künstler gerne seine Kunst. Wenns sein soll, gerne auch teuer. Aber es beruhigt schon auch, nicht Spielball von Spekulationen zu sein. Menschen, die bisher einen Welge kauften oder in Auftrag gaben, taten das, weil sie seine Arbeit schätzten oder gar liebten. Die Wertsteigerung kommt von allein.